Mir war von Anfang an klar, dass dieses Jahr voller neuer Eindrücke und Situationen sein würde. Ich hatte mich versucht darauf innerlich vorzubereiten, doch seit wir am 30.8. um 19 Uhr in Kigali gelandet sind, hat sich dies als unmöglich erwiesen.
Die ersten drei Wochen habe ich gemeinsam mit meinen zwei Mitfreiwilligen Lucy und Marie Sophie in Kigali verbracht, um unser Visum zu beantragen. Dabei haben wir jeden Tag so viele neue Dinge zusammen erlebt, dass oft nicht einmal die Zeit blieb diese zu sortieren und zu verinnerliche. Dennoch war es gut, dass wir zu dritt waren und das Erlebte besprechen und auswerten konnten. Ein Paar dieser ersten Eindrücke möchte ich nun gern mit euch teilen.

Vor der Ausreise hatten wir bereits einen fünftägigen Sprachkurs für die einheimischen Sprache Kinyarwanda. Auch wenn wir in diesen Tage mehr als genug gelernt hatten, kann ich noch lange nicht sagen die Art und Weise der Sprache verstanden zu haben. Grundsätzlich ist Kinyarwanda mit keiner europäischen Sprache vergleichbar. Zwar wird das bekannte Alphabet verwendet, dennoch werden unterschiedliche Buchstabenkombinationen ganz verschieden ausgesprochen. Zudem gibt es viele Wörter, zu denen es weder in der deutschen, noch in der englischen Sprache ein passendes Äquivalent gibt.
In Kigali bin ich erstaunlicherweise sehr gut mit Englisch zurechtgekommen. Dies ist nicht selbstverständlich, da die Bildungssprache erst seit 2009 Englisch ist. Seit letzter Woche haben wir jeden Tage zusätzlich noch Sprachunterricht. Nach wie vor fällt es mir noch schwer Sätze zu bilden oder bestimmte Regeln nachzuvollziehen, aber noch bin ich zuversichtlich.

Es ist Sonntag um 7:30 Uhr. Laute Gesänge dringen durch das angelehnte Fenster meines Zimmers. Während ich gern noch etwas schlafen möchte, ist in der Kirche nebenan der Gottesdienst bereits schon im vollen Gange. Ein Chor singt mehrstimmig einige Lieder, welche von Klavier und Percussion begleitet werden. Die Gottesdienstbesucher klatschen im Takt mit.
Da wir in Kigali direkt neben der Kirche wohnen, spielen sich alle kirchlichen Aktivitäten direkt bei uns ab. Von Chorproben, Andachten und dem Gottesdienst können wir alles auch in unseren Haus, zu mindestens akustisch miterleben. Die EPR (Eglise Presbyterienne au Rwanda) bietet neben dem Kinyarwanda Gottesdienst auch einen englischen und einen französischen Gottesdienst an. Im englischen Gottesdienst um 11.30 Uhr haben wir uns schnell wohlgefühlt und sind mit verschiedenen Menschen in Kontakt gekommen. Mit dem Ende des englischen Gottesdienst gegen 13.30 Uhr endet dann auch der Kinyarwanda Gottesdienst in der Hauptkirche.

Wir stehen an der großen Straße. Hunderte Mototaxis, Autos und andere Fahrzeuge passieren uns. Dicht an dicht schlängeln sie sich durch die breiten Straßen. Im Sekundentakt ist von irgendwo ein Hupen zu vernehmen. Alles scheint von außen ein großes Chaos zu sein.
Wenige Tage später bin ich selbst Teil des Verkehrs. Ich sitze auf einem Moto hinter dem Fahrer, den Helm, den er mir entgegengestreckt hat auf dem Kopf. Erst weiß ich gar nicht, wo ich mich festhalten soll, aber schneller als gedacht geht es los. Anfangs bin ich nicht so entspannt, besonders weil der Fahrer sich an allen stehenden Autos vorbei schlängelt und auch das Ausweichen auf den Fußweg nicht scheut. Auch wenn keine Verkehrsregeln zu erkennen scheinen, funktioniert alles irgendwie. Die Fahrer sind diesen Verkehr ihr ganzes Leben lang gewohnt und erkennen Gefahren sofort. So fühle ich mich in dem ganzen Chaos auf dem Moto hinter dem Fahrer dennoch sicher.

Der Citymarkt von Kigali befindet sich im Erdgeschoss eines großen Hause in der zum Bersten vollen Innenstadt. Wie in vielen Geschäften müssen wir uns erst einer Sicherheitskontrolle unterziehen, bevor wir den Eingang passieren können. Drinnen ist es voll. Entlang eines langen Ganges sind viele kleine Geschäfte aufgebaut, die alle möglichen Lebensmittel verkaufen. Das Herzstück ist allerdings in der Mitte des Gebäudes, eine große Fläche mit Tischen. Auf ihnen stapeln sich die verschiedensten Obst und Gemüsesorten. Von verschiedenen Bananensorten über Papaya, Avocados und Süßkartoffeln ist alles Mögliche zu finden. Wir wissen gar nicht wo wir anfangen sollen. Von überall kommen Leute, die uns zu ihren Ständen bugsieren wollen. Schließlich entscheiden wir uns für einen Stand. Der Verkäufer bietet uns alle möglichen Früchte an. Es ist gut, dass wir Damascène dabei haben (er arbeitet für die EPR), denn er hilft uns beim Verhandeln der Preise. Wir verlassen den Markt überfordert, aber mit zwei vollen Tüten an Obst und Gemüse.

Täglich prasseln neue Eindrücke auf mich ein, stellen sich als angenehm oder herausfordernd vor, kommen erwartet oder unerwartet. Seit ein paar Tage lebe ich nun auch in Rubengera, wo ich das Jahr über wohnen und arbeiten werde. Das nun halbwegs vertraut geglaubte Umfeld in Kigali hat sich nun nochmal komplett geändert. Einerseits habe ich großen Respekt vor den neuen Herausforderungen, vor allem dem Arbeitsbeginn am Montag. Andererseits bin ich dankbar, die Möglichkeit zu haben, jeden Tag so viel Neues zu erleben und zu lernen.

Murabeho und bis bald

Eure Hanna

One Responses

  • Anna Dorothea Bleyl

    Liebe Hanna,
    wir kommen gerade aus dem Hauskreisabend bei Deinen Eltern und haben ein wenig von Dir hören dürfen. Dorothea und Ruben machten uns auf diesen Blog aufmerksam, den ich gern ein wenig verfolgen möchte.
    Bleib Du behütet in Deinem Tun und Sein. Ich wünsche Dir Menschen an die Seite, die Dein Ankommen und Deine Arbeit und begleiten; zu denen Du auch gehen kannst , wenn die Fragen groß werden.
    Es grüsst Dich herzlich – Dorothea

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