„Der große Essensraum ist gefüllt mit Menschen. Dort, wo sich sonst Tische umringt mit Stühlen aneinanderreihen, sind gleichmäßige Stuhlreihen aufgebaut. Auf der rechten Seitenwand steht eine Bühne, die Aufwendig mit großen bunten Tüchern, Lichtern und Blumenbehängen geschmückt wurde. In der Mitten des ganzen Spektakels sind zwei prächtig aussehende Stühle aufgebaut. Alle haben den Blick auf die Fläche vor der Bühne gerichtet, wo vor wenigen Minuten die wunderschöne Braut angekommen ist. Zwei Männer in traditionellen Gewändern führen eine Konversation. Neben dem Bräutigam stehen 4 junge Männer gekleidet in lange weiße Gewänder mit schwarzen Ketten um den Hals und einem Antik aussehenden Stock in der Hand. Auf der Seite der Braut stehen ebenfalls vier junge Damen gekleidet in traditionelle lange Kleider, aufwendigem Make-up und goldenem Schmuck im Haar und um den Hals. Ich betrete den Raum dieses ganze Spektakel betrachtend. Der dunkelblaue Rock meines traditionellen Kleides fühlt sich gut an. Ich gehe zu meinen Kollegen, die ebenfalls gut gekleidet sind und zusammen beginnen wir den Gästen zu servieren.“
Am 10. Dezember 2022 hatte ich das Privileg auf meiner ersten Hochzeit hier in Ruanda eingeladen zu sein. Obed, ein Lehrer der „Indatwa school“, mit dem ich oft zusammen Mathe unterrichte, sollte heiraten und dabei hat die ganze Schule bei der Planung und Durchführung geholfen. Schon an den vorherigen Tagen hatten wir einige Meetings, um den Ablauf zu planen und die Aufgaben zu verteilen. Meine Aufgabe für den Tag sollte es sein, die Gäste mit Getränken zu bedienen bzw. das Essen aufzugeben. Auch meine beiden Mitfreiwilligen Lucy und Marie Sophie waren bei der Hochzeit dabei und haben ebenfalls beim Service Team mitgewirkt.
Eine ruandische Hochzeit läuft im allgemeinen folgendermaßen ab:
1. Dowry
Die Hochzeit beginnt normalerweise mit der Vergabe der Mitgift. Dazu übernehmen zwei ältere Herren der beiden Familien das Wort, indem sie durch Dialoge und symbolische Handlungen die Verbindung der beiden Familien erneut bestätigen. Nach ungefähr einer Stunde kam auch die Braut dazu und die Verbindung konnte mit Braut und Bräutigam sowie deren Eltern erneut bestätigt werden. Im Anschluss dieser Zeremonie wurde zusammen gegessen. Das Buffet war reich gefüllt mit Reis, frittierten Katoffeln, Bohnen, verschiedenes Gemüse und Fleisch.
2. Kirchliche Trauung
Nach der ersten traditionellen Zeremonie geht es für alle Gäste in die Kirche zur Trauung des Brautpaares. Braut und Bräutigam haben dazu die traditionellen Gewänder abgelegt und tragen nun Anzug und ein weißen üppiges Brautkleid. Der Trauungsgottesdienst an sich läuft ziemlich ähnlich wie in Deutschland ab. Neben dem Eheversprechen und Ringaustausch gab es wie hier in der Kirche üblich mehrere Chöre, die einige Segenslieder für das Brautpaar gesungen haben. Im Anschluss wurden noch einige Fotos vor der Kirche gemacht.
3. Reception (Empfang)
Nach der Kirche werden die Gäste zu einem dritten Programmpunkt der Hochzeit geführt, dem sogenannten Empfang. Dazu wurde die ganze Location nochmal umdekoriert und mit vielen Lichterketten geschmückt. In diesen Teil der Hochzeit werden erneut einige Reden gehalten, die Hochzeitstorte wird angeschnitten und verteilt sowie die offizielle Heirat gefeiert. Die Zeremonie endet mit der Übergabe der Geschenke an das Brautpaar.
Pünktlich um sieben endete die Hochzeit etwas unerwartet für mich schon. Wie von deutschen Hochzeiten gewohnt, hatte ich damit gerechnet, dass bis spät in die Nacht gefeiert werden würde. Dennoch begann kurz nach sieben relativ pünktlich der Abbau.
Normalerweise dauert eine ruandische Hochzeit nicht nur diesen einen Tag. Bereits am Vortag hatten die beiden standesamtlich geheiratet und anschließend eine Art Junggesellenabschied gehabt. Nachdem dann am Samstag die kirchliche Trauung mit allen Gästen statt fand, folgte am Sonntag noch eine weite Feier bei den Eltern des Bräutigams in Rubavu, einer 2 h entfernten Stadt.
Für mich war es schön selbst zu erfahren wie eine ruandische Hochzeit abläuft und dann noch selbst mitzuwirken. Anstatt wie normalerweise immer als weiße Frau, von vielen bedient zu werden, war ich im Serviceteam sehr gut eingebunden und konnte auch hinter die Kulissen der Planung schauen. Dennoch kam mir diese Hochzeit im Vergleich zu meinen bisherigen Erfahrungen auf Hochzeiten teilweise sehr zeremoniegebunden vor. Die einzelnen Programmpunkte liefen genau nach Plan ab, zwischendurch wurden immer wieder kurze Pausen für Fotos eingelegt und auch das Brautpaar wirkte auf den Stühlen auf der Bühne sehr fern und für die Gäste nicht erreichbar. Einen Programmpunkt wie ein gemütliches Kaffee trinken, um Gespräche zu führen, Spiele mit den Gästen oder eine ausgelassene Tanzparty waren nicht Teil des Tages.
Diese Art von Feiern, die eher frontal ausgetragen werden, konnte ich hier schon öfters miterleben. Besonders bei den Schwester gab es schon ein paar dieser Feiern. Für manche scheinen sie eher langweilig zu wirken, für andere als wichtige Erinnerung von symbolischer Bedeutung.
Für mich war diese Hochzeit dennoch ein wunderschöner, wertvolle Erfahrung mit meinen Kollegen und Freunden.
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