TERM I
Mein Tagesablauf? Ich weiß eigentlich nie, was so genau passieren wird und plane auch nicht viel, weil immer irgendetwas los ist, aber das Grundgerüst meiner Wochentage sah bisher folgendermaßen aus:
Um halb 6 klingelt mein Wecker, denn ich meistens nochmal auf Schlummern stelle. Schlechte Angewohnheiten lassen sich ja bekanntlich nicht einfach ablegen, da ist es ganz egal, wo auf der Welt man sich befindet, sie sind ein Teil von mir selbst und somit immer mit dabei im Gepäck.
Bevor ich mich ins Bad aufmache geht’s erst mal Richtung Küche um den Gasherd anzustellen. Ich stelle zwei Töpfe mit Wasser auf, die brauche um mich zu waschen/duschen und natürlich um mir eine Tasse Kaffee aufzugießen. Wenn ich zeitig fertig bin mit anziehen und zurechtmachen, schließe ich die Hintertür auf und genieße den Morgenkaffee mit der Sonne im Gesicht.
Danach geht’s über‘s Kirchengelände, auf dem mein Haus steht, in den Ort und rauf zur Schule, Luftlinie sind das viellcht 200-300 Meter, an vielen kleinen Geschäften und der Bushaltestelle vorbei, wo um 7 Uhr schon viel los ist.
Ich schlängele mich durch die Menschen und begegne vielen Schüler:innen in unterschiedlichen Uniformen. Entweder tragen sie die mir mittlerweile gut bekannten beige/erdorangefarbenen der G. S. Kigeme B und teilen meinen Weg oder sie tragen blaue Kleidung, was bedeutet, dass sie ein paar Minuten länger die Straße rauf zur Gasaka Schule gehen. Selten, aber ab und zu, sehe ich auch Jugendliche, die Grün tragen. Sie besuchen die G.S. Kigeme A, das Internat.
Nach dem kleinen Hügel zum Lehrerzimmer rauf, genieße ich erstmal den Ausblick über den Ort und die umliegende hügelige Landschaft. Ich spüre eine betriebsame Ruhe, die von den Menschen und der Natur um mich herum, auf mich einwirkt und frage mich oft, wie es wohl sein wird, wenn dieser Blick nicht mehr zu meiner morgendlichen Routine gehört? Denn im Moment noch begeistert er mich jeden Tag auf‘s neue! Und gleichzeitig frage ich mich, warum mich immer schon das Danach beschäftigt und es mir so schwer fällt einfach nur im Jetzt zu denken…
Zu Beginn, meiner Zeit hier, sind Kolleg:innen oft neben mir stehen geblieben und haben mich gefragt, was ich suche. Wenn ich geantwortet habe, dass ich mich für die Aussicht begeistere, schauen sie sich kurz um, schenken mir ein Lächeln und gehen weiter ins Lehrerzimmer. Manche fragen mich erstaunt, ob es ein schöner Ausblick ist, andere stimmen mir zu und wieder andere erklären, dass für sie die Umgebung altbekannt ist. Wird auch für mich irgendwann während meiner Zeit hier dieser Punkt kommen, frage ich mich dann manchmal? Bin ich dann „angekommen“? Werde ich ein Teil hiervon sein? Oder bleibt es für mich immer neu und aufregend? Kann ich ankommen und gleichzeitig mein Staunen beibehalten? Was übersehe ich zu Hause, weil es „altbekannt“ ist und ich es, selbst mit offenen Augen, nicht sehe?
Wenn ich dann ins Lehrerzimmer gehe kommt mir von vielen Seiten ein Mwaramutse, Good Morning oder Bonjour entgegen und ich werde stets gefragt, wie es mir geht, ob ich gut geschlafen habe und wie meine Nacht war. Die Begrüßung, sich Umarmen und die Hand geben, das sind Gesten, die immer ausgetauscht werden und auf die viel Wert gelegt werden.
Von Beginn an wurde ich drei Lehrer:innen zugeordnet. Clementine aus der Primary School (Klasse 5), Emmanuel aus der Secondary School (Klasse 3) und Philos auch aus der Secondary School (Klasse 1-3). Insgesamt umfasst das Kollegium 97 Lehrer:innen und viele Mitarbeiter:innen, die ich nach und nach immer noch am kennenlernen bin, deswegen war es wunderbar von Anfang an Ansprechpartner:innen in den verschiedenen Lehrerzimmern zu haben. Gemeinsam bereiten wir in Freistunden Unterricht vor, oder ich werde angeleitet, was ich vorbereiten soll. Ich begleite die drei zu Unterrichtsstunden oder halte selber welche. In der Frühstückspause gibt’s dann entweder Tee oder Porridge, im Lehrerzimmer, der Secondary, was die Lehrer:innen selber organisiert haben. Und wenn es die Zeit zulässt, gibt es auch immer eine Einladung zur
Kaffeepause, beim allseits beliebten Direktor Noel, der stets nachfragt, ob ich gut klar komme und wie alles läuft. Zur Mittagspause gehe ich schnell nach Hause und entspanne kurz, um dann wieder den nachmittag bis um 17 Uhr anzutreten. Auch wenn es zwischendurch immer freie Zeiten gibt, wird es mir nie langweilig. Ich versuche mit möglichst vielen Lehrer:innen, Schüler:innen und Mitarbeiter:innen ins Gespräch zu kommen, an meinem Kinyarwanda zu arbeiten, Unterricht vorzubereiten oder beginne damit Erlebtes aufzuschreiben (wobei ich meistens durch Gespräche unterbrochen werde, im positiven Sinn! und deswegen kein Erlebnis ganz schriftlich festgehalten bekomme).
Nach der Schule halte ich auf dem Heimweg oft bei der Probe der Band (Boys and Girls Brigade) der Kirche an, halte ein Schwätzchen, da man fast immer jemanden trifft, den man kennt, oder schaue bei den Schwestern der Esther-Gemeinschaft vorbei. Danach geht’s dann schnell nach Hause, Arbeitstasche abstellen und auf den Markt, um etwas für das Abendessen zu kaufen.
Hier in Kigeme lebe ich zum ersten Mal ganz alleine, was ich mir nie selber aussuchen würde, da ich in einer großen Familie aufgewachsen bin und Gemeinschaft sehr schätze. Mir steht ein ganzes Haus zur Verfügung, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Bad, nur für mich. Ich habe auch nach meinem Auszug von zu Hause immer nach einem Platz in einer WG gesucht, in der ich mich wohl fühle. Daher bin ich hier jederzeit froh über Besuch und das habe ich auch von Anfang an kundgetan. So gibt es nur selten Tage, an denen niemand an der Tür klopft und ich antworte, dass diese wie immer offen ist. Dann wird zusammen gekocht, gequatscht oder musiziert und gesungen.
Manchmal ist so viel los, dass das Wäsche waschen von Hand, das Wasser auffüllen, das Putzen und Einkaufen gerade noch so zwischendurch Zeit findet. In den ersten Wochen und Monaten schien kein Tag lang genug, um alles unter einen Hut zu bekommen, aber so langsam bekomme ich das Gefühl, dass alles seinen Weg findet.
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